die.jägerburg - Integrierte Angebote
für Familien mit verhaltensauffälligen Kindern
www.jaegerburg.de

Verhaltenstraining
Dr. Johannes Streif

 

 

 

 




 

 

impulsiv
unaufmerksam

 

Die Hyperaktivität ist das "klassische" Symptom der Hyperkinetischen Störung. Diese Verhaltensauffälligkeit hat dem Syndrom nach dem Zweiten Weltkrieg auch seinen Namen gegeben. Wer hyperaktive Kinder kennt, versteht, warum die augenfällige Symptomatik der Unruhe lange Zeit im Vordergrund der Diagnose und Therapie stand. Hyperaktive Kinder sind meist in Bewegung, sind laut, anstrengend - kurzum: sie stören andere, vor allem die Erwachsenen. Letztlich hat erst die Auseinandersetzung mit erwachsenen Hyperkinetikern den Fokus von der v.a. für die Umwelt störenden Hyperaktivität auf die individuell hinderlichen Aufmerksamkeitsdefizite verschoben. Dabei ging es nun nicht mehr allein um eine offensichtliche und damit "von außen" diagnostizierbare Verhaltensstörung, sondern um die von den Betroffenen selbst erlebte Einschränkung durch die Störung. Aus heutiger Sicht sind allerdings sowohl die Hyperaktivität als auch die Aufmerksamkeitsstörung dem dritten Symptom, der Impulsivität, bzw. seiner neurobiologischen Ursache unterzuordnen.

Die beiden gebräuchlichen Diagnoseschemata ICD-10 und DSM-IV zählen jeweils 5 Beschreibungen einzelner Symptome auf, die zu dieser Symptomgruppe gerechnet werden.

 

hyper =
drückt in Bildung mit Adjektiven eine Verstärkung aus / übermäßig, übertrieben

Hyperkinese =
übermäßige Aktivität, Unruhe in den Bewegungen

Duden Deutsches Universalwörterbuch (1989) S.747

Die/der Betroffene ...
1 zappelt häufig mit Händen oder Füßen oder rutscht auf dem Stuhl herum
2 steht [oft]* im Unterricht oder in anderen Situationen auf, in denen Sitzenbleiben erwartet wird * nur DSM-IV
3 läuft herum oder klettert exzessiv in Situationen, in denen dies unpassend ist. (Bei Jugendlichen oder Erwachsenen kann dies auf ein subjektives Unruhegefühl beschränkt bleiben)
4 hat häufig Schwierigkeiten, ruhig zu spielen oder sich mit Freizeitaktivitäten ruhig zu beschäftigen.
5 zeigt ein anhaltendes Muster exzessiver motorischer Aktivität, das durch die soziale Umgebung oder durch Aufforderungen nicht durchgreifend beeinflussbar ist ** ** nur ICD-10
5 ist häufig "auf Achse" oder handelt oftmals, als wäre er/sie "getrieben" *** *** nur DSM-IV
6 redet häufig übermäßig viel **** **** im ICD-10 unter
       Impulsivität
 

 

Im Fall der ICD-10 müssen zumindest 3 der 5 Symptombeispiele bejaht werden. Zudem muss die Symptome über einen Zeitraum von mehr als 6 Monaten zu beobachten sein, damit die Diagnose einer Hyperkinetischen Störung gestellt werden kann. Als symptomatisch gelten dabei nur solche Auffälligkeiten, die ein für den Stand der Entwicklung ungewöhnliches Ausmaß erreichen.

Im Fall des DSM-IV bilden Impulsivität und Hyperaktivität eine nur intern gegliederte gemeinsame Symptomgruppe. Zur Stellung der Diagnose einer Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung (AD/HD bzw. AD/HS) des kombinierten (Aufmerksamkeitsstörung und Hyperaktivität) bzw. dominant hyperaktiven Typus (ohne Aufmerksamkeitsdefizite) ist es notwendig, dass zumindest 6 der 9 Symptombeispiele aus den (Unter-)Bereichen der Impulsivität und Hyperaktivität bejaht werden. Damit ist es theoretisch möglich, die Diagnose ohne Symptome der Impulsivität zu stellen, da bereits jene der Hyperaktivität sechs von neun Symptombeschreibungen der gemeinsamen Symptomgruppe ausmachen. Umgekehrt ist jedoch eine Diagnosestellung ohne Symptome der Hyperaktivität nicht möglich. Allerdings erlaubt es das DSM-IV, sich zur Diagnose der Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung entweder auf die Symptomgruppe der Aufmerksamkeitsdefizite oder der Impulsivität und Hyperaktivität zu beschränken.

Die ICD-10 kennt mehrere Subkategorien hyperaktiven Verhaltens: Neben der einfachen Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (F.90.0) sowie der Hyperkinetischen Störung des Sozialverhaltens (F.90.1) gibt es noch die Restkategorien der nicht eingehender erläuterten sonstigen hyperkinetischen Störungen (F90.8) sowie der nicht näher bezeichneten hyperkinetischen Störungen (F90.9), die für Fälle reserviert ist, in denen diagnostisch nicht klar zwischen einer einfachen Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung einerseits bzw. einer Hyperkinetischen Störung des Sozialverhaltens andererseits unterschieden werden kann.

 

Die jüngste heißt Cindy, und wir kommen auf Anhieb glänzend miteinander aus. Sie hat braune Ponyfransen, die ihr über die Augenbrauen fallen, wunderschöne Lippe, ein Engelsgesicht und ganz oben am Hinterkopf einen Pferdeschwanz, an dem zu ziehen ich mir einfach nicht verkneifen kann. Es funktioniert genau wie dei Pfeife einer Lokomotive, immer wenn man daran zieht, ertönt ein schrilles Kreischen. Wir laufen zum Spielen nach draußen. Ich zeige ihr sogar meinen Lieblingsplatz im Baum und wie man da hinkommt. Sie kann überraschenderweise sehr gut klettern. Dann ruft man uns zum Essen. Aber es ist noch nicht ganz so weit. Cindy und ich spielen im Haus wieder Fangen, toben durch die Diele ins Wohnzimmer, auf die Terrasse hinaus, zurück in die Küche, rauf an den Baum, runter vom Baum ... bis man uns noch mal zum Essen ruft.

Wir marschieren in die Küche, aber das Essen ist immer noch nicht fertig. [...] Also jage ich weiter hinter Cindy her, durch die Küche ins Wohnzimmer und wieder zurück in die Küche, immer im Kreis zwischen Mom und ihrem neuen Freund [...].

Danny Sugerman
Wonderland Avenue
Maroverlag (1991) S.28

Beide Manuale verlangen für eine gültige Diagnose zudem, dass einige Symptome in zwei oder mehr Kontexten auftreten (z.B. zuhause und in der Schule), d.h. nicht an eine bestimmte soziale Situation gebunden sind. Darüber hinaus müssen sie eine merkliche Beeinträchtigung der sozialen, schulischen oder beruflichen Funktionsfähigkeit bzw. ein Leiden daran begründen. Zuletzt müssen die Symptome einen eigenständigen Krankheitswert besitzen, dürfen also nicht Folge anderer psychischer oder körperlicher Erkrankungen sein.

 

impulsiv
unaufmerksam

 

 

 

Home ] Nach oben ] 

Alle Texte, Bilder und graphischen Darstellungen
Copyright © Johannes Streif; Kopien oder Gebrauch
nur nach persönlicher schriftlicher Genehmigung
Bitte beachten Sie den Haftungsausschluss, der für
das gesamte Internet-Angebot von therapaed gilt
Bei Fragen zur Homepage: webmaster@therapaed.de 
Bei Fragen zu therapaed: info@therapaed.de    
Copyright  © 2001 Johannes Streif / Impressum